Samstag, 5. Januar 2013

Ich ziehe die Tür hinter nir zu und trete ins Freie... (erweitertes Fragment von 2011)

Wenn ich jetzt gehe, wird nichts mehr so sein, wie es mal war.
Ich lasse kein Leben zurück, ich nehme alles mit.
Die Frage ist, in welcher Form ich gehe.
Kann ich so gehen?


Können und Wollen sind Zwillinge
Gehen und Kommen auch.
Da- sein ist Existenz
Wahrnehmen nicht weniger

Veränderung heißt Lernen
Rückkehr gibt es nicht
Herzzschlag unt Atmen sind Zeit
Zeit ist unaufhaltbar

Veränderung

‚Wandel‘ könnte man im Englischen mit ‚Change‘ übersetzen, auch wenn es dafür sicherlich noch beeindruckendere Synonyme gäbe. ‚Change‘ heißt nun aber auch ‚Wechselgeld‘ und bestimmt noch einiges mehr. Sind die Veränderungen unserer Leben also das Wechselgeld der Realität des Moments?
Idealismus weicht Pragmatismus, man führt bitterernste Diskussionen über Satzanfänge deren zugehöriges Ende man überhaupt nicht kennt, Erreichtes wird wichtiger als Erfahrenes. Was sind schon Streitgespräche in einer Zeit, in der Telefone mehr wissen als Menschen? Wie kann man etwas in Frage stellen, was noch nicht einmal beendet wurde und der Autor selbst vor lauter werdenden Stimmen vergessen hat, was er eigentlich sagen wollte?

Kommunikation kann inzwischen so schnell sein, dass Spontanbesuche auszusterben scheinen. Wann bin ich das letzte Mal unangekündigt bei jemandem vorbeigegangen? Würde ich wollen, dass jemand unangekündigt vor meiner Tür steht? Hat die Disziplin nachgelassen? Weichen die Rituale den Terminen? Wer putzt heute schon noch alle 4 Wochen seine Fenster und hat Zeit für den fünf-Uhr-Tee?
Es gibt Bücher und Zeitungsartikel, die prophezeien eine Welt, die uns gibt- was wir wollen, oder besser gesagt, die uns gibt, wovon führende Unternehmen überzeugt sind, dass wir es wollen (sollten). Schon jetzt umgeben sich sehr viele Menschen mit selbst gewählten akustischen Umwelten. So schwebt man dann in der eigenen Welt, ungestört von anderen Dingen, sicher und beschützt und ganz und gar abgeschottet.
 "Du schlägst die Zeitung auf, die letzte Seite heißt aus aller Welt und beschreibt wie alles auseinander fällt" (Tele, irgendwann zwischen 2000 und 2010)
Benjamin Stein beschreibt in seinem Roman "Replay" wie in der Zukunft die Menschen direkt über Implantate mit dem Internet verbunden sind, die ihre Bedürfnisse erkennen und undgefragt danach filtern und den Konsumenten damit füttern (vgl. Die Zeit Nr. 32, Wirtschaft, S. 20).
Barbara Hambly schickt einen ihrer Hauptcharaktere nach mehreren Höllen in eine Welt, ohne Fenster-aber mit Reklameschirmen, die man nicht abstellen kann und die die Miete steigen lassen, sollte man sie stumm stellen. Statt Nahrung, nimmt man Drogen zu sich- um die Leistungsfähigkeit zu erhalten und den drei Jobs nachgehen zu können, die man braucht, um sich die Drogen leisten zu können. Die Menschen sehen alle gleich aus und halten sich alle für individuell und einzigartig.
Ähnliche Szenarien in WallE usw.

Die Frage ist aber nicht ob diese Veränderungen gut schlecht oder auch beides sind. Die Frage ist, ob wir bemerken würden, wenn wir uns zum schlechteren Verändern? Wo ist die Grenze zwischen Akzeptanz, Toleranz und Einschreiten? Geht das überhaupt, wenn man sich nicht sicher sein kann, alle Randfaktoren zu kennen? Schließlich hat ja jeder Gründe für das, was er tut. Und unterliegen wir nicht alle der gleichen medialen Flut von Idealen, deren Erreichbarkeit propagiert wird, wenn man sich nur genügend anstrengt? Kann man sich überhaupt noch als außenstehend betrachten?
Fest steht, dass der Moment oft selbst die Regie übernimmt. Menschen scheinen häufiger zu reagieren, als dass sie vorher detailliert über ihre Aktionen nachdenken. Was passiert und was übrig bleibt ist Teil des Prozesses, den man Veränderung nennen mag. Je weltweiter das stattfindet, desto einheitlicher wird es. Und wenn man nur noch umgeben ist, von Dingen, die man sich selbst rausgesucht hat bzw. die nach einem speziell erstellten Profil vorsortiert wurden, wo bleibt dann das wahrhaftig Neue? Oder gibt es einfach zu viel davon und es MUSS eine Art Vorsortierung geben?

Persönlich bin ich dafür dem ganzen wieder etwas mehr Zeit zu geben und weniger kontrollieren zu wollen. Besonders im Kleinen und Zwischenmenschlichen. Es mag verträumte Spinnerei sein, aber bis jetzt hat es immer mehr gebracht wirklich zuzuhören und ausreden zu lassen, als nur darauf zu warten, selbst endlich zu Wort zu kommen und den eigenen Emotionen und Ansichten freien Lauf zu lassen…